Gibt es schöne Falten?

Das Älterwerden ist ein Prozess, der einen nicht nur äußerlich verändert, die Lebenserfahrung, innere Harmonie und das „mit-sich-im-Reinen-sein“ ist für das Wohlgefühl der Frau in den besten Jahren unerlässlich. Schönheit ist nicht eine Frage des Alters und der Konfektionsgröße. Falten, als leider kaum zu verhindernder Bestandteil des Alterns, gehören dazu. Viele Frauen, so wie ich, würden das „Zerknittern“ gern etwas aufhalten. Ich bin ästhetisch tätige Dermatologin und selbst auch Nutzerin von Botox und Fillern. Ich fühle mich sehr wohl dabei und gehe auch in der Öffentlichkeit bekennend damit um.

Ich habe in meiner langjährigen Praxis aber noch keine Frau getroffen, die freudig auf Falten gewartet hat. Sie sind Lebenslinien, Zeitzeichen, aber sie läuten den Lebensabschnitt des körperlichen Verfalls ein, und der steht uns quasi ins Gesicht geschrieben. Altern ja, aber es geht auch schön. Lachfalten ja, Zornesfalte nein.

UV-Licht Alterungsfaktor Nr. 1

Unser Gesicht, als ausdrucksstärkstes Kommunikationsinstrument, als Signalgeber, Spiegel, Erotikplattform oder Kunstobjekt, ist jeden Tag unzähligen Einflüssen ausgesetzt. UV-Licht ist Alterungsfaktor Nummer 1. Noch immer ist in unseren Köpfen die Verquickung von Urlaub, Erholung, Schönheit mit gebräunter Haut präsent.

Viele junge Menschen nutzen exzessiv Solarien um diesem Schönheitsideal zu entsprechen, im Urlaub wird jede Sonnenstunde genutzt, um eine möglichst tiefe Hautpigmentierung zu bekommen. Was wir unserer Haut damit antun, erfahren und sehen wir erst Jahre später. Lichtschäden wie Verlust der Hautelastizität, Pigmentstörungen und Hauttumore sind Folge von Summationseffekten. Man sagt „Der Haut vergisst nichts“. Leider wird einem dies erst bewusst, wenn sich ab Mitte 40 die ersten Alterungszeichen auf der Haut zeigen. Nun versuchen wir, mittels diversen Cremes diese zu korrigieren.

Es sollte uns aber hierbei klar sein, dass selbst die teuerste Creme die Haut maximal hydratisieren kann, niemals „entfalten“. Die UV-Prävention in jungen Jahren ist die beste Anti-Aging-Maßnahme, die man sich gönnen kann. Wer lange jung bleiben will, muss früh damit anfangen.

"Gott ist ungalant. Er hat alle Falten im Gesicht konzentriert, obwohl anderswo doch genug Platz wäre."  Jeanne Moreau, französische Schauspielerin

Welche Arten von Falten gibt es?

Die häufigsten Falten sind die mimischen Falten. Die Anatomie des Gesichtes erklärt dies. Alle Muskel im Gesicht ziehen von einer knöchernen Struktur (z. B. Kinn, Schädel, Jochbein) in die Haut. Durch Anspannen des Muskels z. B. bei Sprechen, Lachen, Essen kommt es zur Dehnung und zum Zusammenschieben der Haut im Gesicht, was uns eine ausdrucksvolle Mimik gibt. Durch dieses regelmäßige Beanspruchen kommt es aber über bestimmten, stark bewegten Arealen im Laufe der Jahre zu bleibenden Schäden in der Haut- und Unterhautstruktur, welche sich als mimische Falten darstellen. Diese zu behandeln, geht nur durch Entspannen der Muskeln und Reduzieren der Aktivität. In der ästhetischen Medizin nehmen wir hierzu Botulinum (Toxin), auch bekannt als Botox. Das vielerorts als „Nervengift“ völlig zu Unrecht verschriene Präparat, wird als gereinigtes Protein segensreich zur Reduktion von Muskelanspannungen bei spastischen Lähmungen z. B. in der Neurologie angewandt. Wir Dermatologen setzen ganz geringe Dosen ein und behandeln einzelnstehende kleine Muskeln im Gesicht. Eine Maßnahme, die den Konsument „entspannt, erholt und frisch“ aussehen lässt. Vorausgesetzt der Behandler versteht sein Handwerk. Im anderen Fall sie man die Maskengesichter wie vielfach in den Medien dargestellt.

Filler für mehr Volumen

Eine weitere Ursache für die Faltenentstehung ist der im Laufe des Lebens eintretende Schwund des Unterhautfettgewebes im Gesicht, bzw. die der Erdanziehung folgende Verschiebung der Fett-Pads unter der Haut. Meistens sind schlanke Menschen mehr betroffen als mollige. Hier kommen Filler zum Einsatz. In modernen Denkansätzen der Rejuvenation im Mittelgesichtsbereich haben wir den Ersatz verlorengegangenen Volumens in den Vordergrund gestellt. Die Haltefunktion wiederherstellen, die Kontur wieder definieren und die Pölsterchen im Gesicht wieder an die richtigen Stellen platzieren, das wird als Grundlage gesehen für weiterführende Maßnahmen wie das Weichzeichnen feiner Linien im Bereich Nasolabialfalte und Augenbereich. Die Ergebnisse sind beeindruckend.

Das Altern geht im Allgemeinen auch einher mit einer reichen Erlebniswelt, zunehmenden Weisheit und Lebenserfahrung. Dies gibt uns Selbstsicherheit und sollte das Altern gefälliger machen. Oftmals ist es jedoch so, dass das gefühlte und das gespiegelte Ich nicht übereinstimmen. Dann sollten solche kleinen „Ich-gönn-mir-jetzt-mal was“–Momente heutzutage eigentlich gesellschaftlich mehr toleriert werden. Haarefärben, Spanks-Unterwäsche, Push-ups, High Heels, alles gesellschaftlich akzeptierte „Mogelpackungen“. Aber Faltenbehandlungen? Ich? Niemals!

Die Haut als Spiegel der Seele

Wenn wir Frauen betrachten, sehen wir z. B. Eine Ärztin/Lehrerin/Schaffnerin, eine Managerin, eine Mutter, eine Geliebte. Wir sehen Frauen voller Energie, die 60 Stunden in der Woche arbeiten, Familie haben und „nebenbei“ das Leben genießen. Doch natürlich hinterlässt dies seine Spuren im Gesicht. Wenn sie gut gelaunt darüber sind, was sie heute wieder alles erfolgreich geschafft haben, möchten Sie dann hören, wie müde sie aussehen? Wäre es nicht schöner, auch am Abend eines langen, arbeitsreichen Tages noch Komplimente für ein schönes, frisches Gesicht zu bekommen? Die Haut ist der Spiegel der Seele. Schlecht gelaunte, missmutige Menschen tragen ihre Laune im Gesicht und halten uns auf Abstand. Wirkliche „Ausstrahlung“ hat nichts mit dem wahren Alter zu tun und die eine oder andere Falte tut dem keinen Abbruch. Lebenslust, Offenheit und Mensch sein, das macht uns schön. Es gibt auch schöne Falten. Lassen wir sie unsere Geschichte in unser Gesicht zeichnen. Der Wiedererkennungswert gleichgesinnter wird uns bestärken im Lebensmotto „Zufriedenheit“.